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Jo van Nelsen «Lametta, Gans und Siegerkranz» – ein skurriler deutscher Weihnachtsabend

Mittwoch, 11. Dezember 2019

Ob formschöner Rauchverzehrer oder Lore-Roman – was unsere Ahnen sich gegenseitig so unter den Weihnachtsbaum legten und am Heiligen Abend rezitierten und sangen, ist heute kaum noch vorstellbar.

Ein Grund mehr für den Musikkabarettisten und Sammler Jo van Nelsen diese Erinnerungen dem Vergessen zu entreißen und so manches Kuriosum aus den Tiefen staubiger Archive zu Tage zu fördern: Zeitungsannoncen mit obskuren Geschenkideen und Geschichten von doppelten Weihnachtsmännern und toten Soldaten unterm Tannenbaum; Gedichte für brave Kinder im Matrosenanzug und HJ-Schulungshefte zum Gestalten des weihnachtlichen Heimabends – sie alle fügen sich zu einem unterhaltsamen wie gruseligen Panoptikum deutscher Kitsch- und Heldenseligkeit zwischen Reichsgründung und Stunde Null.

Das alles untermalt mit zeitgenössischen Kitschpostkarten und Weihnachtsliedern direkt vom Grammophon, wie sie nur ein echter teutscher Männerchor schmettern kann!

Seien Sie dabei, wenn Erzengel Gabriel durch den Trichter den Hirten die Geburt Christi verkündet, Sozialisten das Weihnachtsfest abschaffen wollen und französische Korsetts als undeutsche Weihnachtsgabe geächtet werden. Geben Sie sich einem Abend voller Kitsch und Pathos hin, damit auch Sie am Ende von Herzen einstimmen können bei den Versen:

„Oh Herr, mein schwaches Singen,
Nimm es in Gnaden hin,
Einst wird es besser klingen,
Wenn ich im Himmel bin.“

 

“Einen guten Roman zu lesen, ist schön. Noch viel schöner ist es jedoch, ihn von Jo van Nelsen vorgelesen zu bekommen.”  (Hans Hirschmann: “Belle Époque contra Preußische Ordnung”, in: Frankfurter Neue Presse, 08.04.2016)   

Mit den Grammophon-Lesungen präsentiert Jo van Nelsen ein ganz neues Format auf deutschen Bühnen. Selten dargebotene Texte und Sujets werden dem Vergessen entrissen; der Soundtrack dazu kommt direkt vom Grammophon – originaler geht’s nicht! “Wenn van Nelsen an der Kurbel dreht, wirkt er so liebevoll wie ein Vater, der seinem Kind über den Kopf streicht.” (Morten Friedel: “Als wäre es strahlende Gegenwart”, in: FAZ, 14.03.2015)

Was Weihnachten 1979 mit einem braunen Koffergrammophon und 5 Schellackplatten begann, ist im Laufe der Jahre zu einer beachtlichen Sammlung angewachsen. Damit diese Schätze nicht im Privaten verborgen bleiben, sondern einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden, entwickelte Jo diese neue Reihe.

Ob markige Märsche des Ersten Weltkrieges, säuselnde Salonmusik, schmalzige Weihnachtsmelodramen oder die eingängige Tanzmusik der 20er und 30er Jahre– dem Knistern der Schellackplatten und dem ungewohnten Klang eines Grammophons kann sich kein Zuhörer entziehen: „Es ist, als ob die Zeit im Trichter stecken geblieben wäre, und man hineingesogen würde. Faszinierend!“ (Gästebucheintrag einer Besucherin der „Ginster“-Lesung).

Ort: Villa Winter, Heinrich-Winter-Straße 4A

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